Kundgebung und offener Brief – Till Lindemann am Mittwoch in Leipzig – Protest an der Arena angekündigt

Till Lindemanns Solo-Tour beginnt am Mittwoch in der Leipziger Arena – der Protest war programmiert. Eine Konzert-Absage, wie in einem offenen Brief gefordert, wird es aber nicht geben.

Leipzig. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen wird eine Veranstaltung in Leipzig zum Politikum, gibt es einen offenen Brief, Absage-Forderungen, angekündigte Proteste. Im Gegensatz zur Lesung von Alice Schwarzer beim Literarischen Herbst geht es diesmal jedoch nicht um die Inhalte, sondern um die Veranstaltung an sich und vor allem die Personalie dahinter: Till Lindemann. Der Frontmann von Rammstein tritt am Mittwoch in der Leipziger Arena auf. Es ist der Auftakt seiner Solo-Tour, die ihn im November und Dezember durch 24 europäische Städte führt.

Dass es Kritik und Proteste geben würde, war abzusehen. Lindemann und die „Causa Rammstein“ beherrschten im Sommer schließlich wochenlang die Schlagzeilen: Mehrere Frauen hatten im Internet und in den Medien von Partys vor und nach Rammstein-Konzerten berichtet, die sie zum Teil als beängstigend empfunden hatten. Von einem regelrechten „Rekrutierungssystem“ war die Rede, angeblich mit dem Ziel, Lindemann junge Frauen zuzuführen, die während und nach Konzerten Sex mit ihm haben. Lindemanns Anwälte bestritten die Vorwürfe als „ausnahmslos unwahr“.

Causa Rammstein: Staatsanwaltschaft fand keine Anhaltspunkte

Es wurde ein Fall für die Behörden: Die Staatsanwaltschaft Berlin nahm die Ermittlungen auf, stellte diese Ende August jedoch ein. Die verfügbaren Beweismittel hätten keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass Till Lindemann „sexuelle Handlungen an Frauen gegen deren Willen vorgenommen“ habe. „Mutmaßliche Geschädigte haben sich bislang nicht an die Strafverfolgungsbehörden gewandt, sondern ausschließlich – auch nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens – an Journalistinnen und Journalisten“. Es sei daher nicht möglich gewesen, Vorwürfe „ausreichend zu konkretisieren“ und die Glaubwürdigkeit möglicher Opfer zu klären.

In der Öffentlichkeit polarisierte die Debatte von Beginn an – und das bis heute. Die einen pochen auf die Unschuldsvermutung, die anderen sehen sich darin bestätigt, dass die Kunstfigur Till Lindemann das vielbeschworene lyrische Ich gar nicht so viel von der Privatperson trenne. Sex, Gewalt und beides zusammen machen schließlich einen nicht geringen Teil von Rammsteins und Lindemanns Texten und künstlerischer Identität aus – inklusiver regelmäßiger provokanter Grenzüberschreitungen. Das ist auch auf Lindemanns neuem Album „Zunge“, pünktlich vor Beginn der neuen Tour veröffentlicht, nicht anders.

Kundgebung und offener Brief

Für das bevorstehende Konzert in der Leipziger Arena, das einen Monat vor den ersten Vorwürfen angekündigt wurde und das schon seit langem ausverkauft ist, wird wie zu erwarten zum Protest mobilisiert. Das „Feministische Streikbündnis Leipzig“ plant für den Abend eine Kundgebung unter dem Motto „Keine Bühne für Till Lindemann“ – man wolle „das Konzert nicht unwidersprochen stattfinden lassen“.

In einem offenen Brief fordern zudem mehrere Personen und Institutionen, darunter auch das Leipziger Conne Island, die Absage der Konzerte. Die Vorwürfe gegen Lindemann seien „noch nicht ausreichend aufgeklärt. Die Möglichkeit, dass das Rekrutierungs- und Missbrauchssystem fortgeführt wird, besteht. Diese Konzerte sind keine sicheren Orte und müssen daher unterbunden werden“, heißt es darin. Und: „Dass eine Absage der Konzerte mit einem politischen Willen möglich ist, beweisen die Absagen der Konzerte des US-Amerikanischen Sängers und verurteilten Sexualstraftäters R. Kelly im Jahr 2019 in den Städten Sindelfingen, Neu-Ulm und Hamburg.“ Der große Unterschied jedoch: Gegen Lindemanns ist weder ein Urteil gefallen noch Anklage erhoben worden.

Das sagen die Betreiber der Leipziger Arena

Die ZSL Betreibergesellschaft der Arena, an die sich der offene Brief unter anderem richtet, will die Sicherheit und das Wohlergehen aller Gäste in jedem Fall sicherstellen. Dies stehe „bei allen Veranstaltungen an oberster Stelle“, teilen die Betreiber auf Anfrage mit. Ziel sei es, dass sich alle Menschen in der Arena „zu jeder Zeit sicher fühlen und ihren Besuch bei uns vollumfänglich genießen können. Dies ist unsere oberste Handlungsmaxime.“ In Vorbereitung einer jeden Veranstaltung, so auch im Falle des Lindemann-Konzerts, werde ein Sicherheitskonzept im Einvernehmen mit den städtischen Sicherheitsträgern abgestimmt und umgesetzt. „Sollten sich Besucher*innen auf Veranstaltungen in unseren Räumlichkeiten unwohl fühlen, können Sie sich zudem an unser geschultes Sicherheitspersonal wenden. Ihnen wird daraufhin unverzüglich Hilfe zuteil.“ Das Konzert werde am Mittwoch wie geplant stattfinden.